Vor dem Magenband bewahrt
Aller Anfang ist schwer, aber eigentlich mehr hier beim schreiben – zumindest für mich, denn nach der Informationsveranstaltung an einem Samstag im Herbst 2005 von Elmar Egold fiel es mir nicht schwer, mich für die Teilnahme an seinem Kurs zum leichteren Leben zu entscheiden.
Bei mir begannen die Gewichtsprobleme eigentlich erst nach der Geburt des zweiten Kindes. Vorher waren die Kilos an der oberen Grenze bzw. „im Rahmen“, gehalten durch viel sportliche und körperliche Betätigung – wenn auch durch die Doppelbelastung – kleines Kind, intensives Studium unter erheblichem Zeitdruck. Um ein hochgestecktes Ziel auf kompliziertem Weg zu erreichen durfte ich nicht durch eine einzige Prüfung rasseln oder mal länger krank sein.
Allerdings wusste ich damals nicht um die tatsächliche Relation, um mein gar nicht so schlechtes Aussehen, denn leider wurde ich groß im Glauben, bereits hoffnungslos übergewichtig, ein wahrer Trampel zu sein. Ständige Bemerkungen wie „Nein, du bekommst jetzt nicht noch was nach, du bist dick genug“ haben dies tief eingegraben und in dieser Richtung kam so gut wie kein positiver Aufbau.
Dazu kam die Beobachtung des Lebens meiner Eltern, ihrer Stellung/Rolle zueinander (Mutter dabei auch immer mehr zulegend). Da beide berufstätig waren wuchs ich weitgehend in der Obhut meiner Grossmutter und ihrer Schwester auf. Die eine lieb, ruhig – aber schlesisch/kalorienreich kochend und ebenfalls übergewichtig, die andere schlank und übereingreifend. Sie nahm mir alles aus der Hand, um das ich nicht kämpfte um sich selbst gebraucht zu fühlen. Als ich z.B. noch ganz klein war und morgens weinte, weil meine Mutter nicht da war, bekam ich Schokolade mit den Worten: „Die ist von Mama, weil sie dich so lieb hat…“ – wovon meine Mutter aber gar nichts wusste. Ich habe leider beide Kompensations-Hunger: auf süss, wenn ich traurig bin und auf deftig, wenn ich unter heftigem Stress gerate.
Meine erste Diät machte ich mit circa 18 Jahren, als ich eine Ausbildung zur Krankenschwester beginnen wollte und Sorge hatte, als einzige nicht in die Grösse 34-40 Kittel zu passen (mit Kleidergrösse 42).
Da es schnell gehen sollte, wählte ich die damals sogenannte „Lindenfels-Minimal-Diät“. Diese erstreckte sich über 3 Monate nahezu Nulldiät, lediglich Eiweissergänzung und natürlich viel Flüssigkeit, Vitamine und Mineralien waren erlaubt – unter ambulanter Betreuung. Das Eiweisspulver beinhaltete sicher noch nicht mal 500 Kcal/d, die Gewichtsabnahme entsprechend rasant: 30 Kilo während dieser Zeit. Ich war auf Kleidergrösse 38, hatte mein Normalgewicht – war aber seltsamerweise „schlecht drauf“, fühlte mich sehr schwach.
Ich war es auch, denn damals fuhr ich einen Kleinwagen ohne Servolenkung und war kaum noch imstande, beim Ein- oder Ausparken das Lenkrad zu bewegen. Ich bekam auch zunehmend Kreislaufprobleme und Herzstolpern, kollabierte mehrmals während der Arbeit. Und hatte berechtigterweise grosse Angst, überhaupt wieder zu essen anzufangen. Die Schwäche war nicht eingebildet, sondern wohl der Abbau der Muskulatur. Auch die Angst vor’m wieder essen war begründet, weil ich ja dabei gar nicht gelernt hatte, wie ich denn eigentlich „richtig“ leben und essen soll.
Die erste Zeit war ich wirklich sehr zurückhaltend, trotzdem ging es gleich wieder zwei Kilo hoch. Heute weiß ich, das war die Darmfüllung. Aber damals bin ich halb zusammen gebrochen, wegen der ausfallenden Haare (Mineralienmangel). Als dann noch befremdliche Reaktionen seitens der (männlichen) Mitmenschen kamen war es dann ganz aus, ich trank Sekt zu Silvester und aß eine Gulaschsuppe – und der Heisshunger-Kreislauf begann wieder. Der Jojo-Effekt blieb nicht aus und hinterher war ich mehr als zuvor. So, wenn auch nicht wieder so krass, ging das ein paar Mal.
Ich habe dann irgendwann das Anti-Diätbuch von Susan Urban gelesen, mir empfohlen von einer Psychotherapeutin. Ich war auch 4 Jahre selbst in Therapie, nominell wegen des Übergewichtes, aber in Wirklichkeit ging es natürlich um die psychischen Gründe und die Vergangenheitsbewältigung. In meiner Familie hatte es ein traumatisches Ereignis gegeben als ich 14 war, meine Ehe war geschieden und auch die neue Partnerschaft problematisch.
Ich habe mich innerlich durch die Therapie und später durch die Anwendung des dabei Erlernten gestärkt, aber die alten Essgewohnheiten, die alten Stressbewältigungsprogramme, die Bequemlichkeit und der Frust, den Sport verloren zu haben waren ja noch da. Und immer viel zuviel los im Leben um nicht von diesem Thema abgelenkt zu sein. Da ist ganz sicher der „Schweinehund“ dran „schuld“ … zumindest kam dem das recht. Ich sah keinen anderen Ausweg mehr als mir ein Magenband legen zu lassen. Denn keine Diät ohne Jojo-Effekt, allein aber mit all der Belastung durch Arbeit und dem Alleinerziehenden usw. dachte ich, keine mehr als nur psychische Lebensumstellung zu schaffen. Trotz aller Ausbildung wusste ich auch gar nicht GENAU, wie!
Da waren viele, die wer weiß was versprechen, aber keiner, der mir begegnete mit einem ganzheitlichen Ansatz. Mein Vater – er ist auch Arzt – hat sich Elmar’s Inserat mal genauer angeschaut, ist auf das Wort „Hypnose“ gestossen und hat sich daran erinnert, dass ich einmal sagte, ich stelle mir das als hilfreich vor, da sich konditionierte Reflexe damit angehen lassen könnten. Und er meinte, ich solle mir das mal näher ansehen bevor ich zum Banding gehe, ihm zuliebe.
Bei Elmar ich habe nun einen Weg erfahren, den ich gehen kann. Schon nach den ersten 3 Treffen hatte ich unerklärlich und immer länger anhaltend Appetit, Lust, Hunger auf „Gesundes“, Rohkost, gar Obst – Brot, mein Hauptnahrungsmittel, auf nur noch Vollkorn umgestellt. Die Essensmenge ist deutlich weniger geworden durch das vermehrte Trinken und den besseren Sättigungseffekt. Das beste für mich aber ist, dass ich wieder einen Zugang zur Bewegung bekam, der mich nicht frustete, indem ich klein anfangen „musste“, die Belastbarkeit aber erstaunlich schnell steigern konnte. Am umwälzendsten aber ist, wie viel froher ich mich fühle. Was meine Umgebung nicht nur wahrnimmt sondern es auch zurück kommt.
Nun ist der Kurs schon einige Zeit zu Ende und er fehlt mir sehr. Ich habe 10 kg abgenommen, davon 9 kg Fett. Das schaffe ich erstmals nach einer Diät locker zu halten. Allerdings hat mich meine positive Entwicklung mutig und unternehmungslustig gemacht für zahlreiche Änderungen in meinem Leben, geschäftlich als auch privat. Diese beanspruchen mich nun sehr, so dass mein „Stress“ zugenommen hat – aber ich empfinde ihn als viel positiver. Jedoch ist es gleich wieder ein Zeitproblem, was dem Laufen und dem gesünderen Essen schadet.
Insofern werte ich den Stillstand in der Gewichtsabnahme nicht als Rückschritt, denn diese Änderungen werden sich mittelfristig lohnen und ich denke trotzdem jeden Tag an meinen neuen Weg, das Trinken ist eingefleischt, das Essen lange nicht mehr so falsch wie es war und wenigstens dreimal pro Woche „muss“ ich laufen, sonst fühl ich mich unwohl.
Das wird so aber nicht bleiben, denn ich bin nicht mehr bereit zu leiden. Also arbeite ich jeden Tag an meinem Gesamtprogramm, mag es gerade auch seitens der politischen und damit auch wirtschaftlichen Lage noch so sehr Steine in den Weg hageln. Dann geht es halt langsamer … aber es geht.
Susanne Wettich-Boufarra
Fachärztin für Allgemeinmedizin
61137 Schöneck