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Zu allen Zeiten haben Menschen sich Geschichten erzählt, aus
denen tiefgründige Wahrheiten hervorgehen. Diese erreichen
bis heute eine größere Wirkung als Gebote mit erhobenem
Zeigefinger. Hier folgt eine Geschichte des russischen
Philosophen und Schriftstellerns Leo N. Tolstoi. Den tiefgründigen
Sinn möge jeder selbst erforschen.

Drei Frauen kommen an einen Brunnen, um Wasser zu
schöpfen. Sie erzählen von ihren drei Söhnen. „Meinen Sohn
solltet ihr singen hören“, sagte die erste, „das tönt so schön, als
wenn eine Nachtigall singen würde.“ Die zweite sagte: „Mein
Sohn ist stark und schnell. Er schleudert einen Stein fast bis zu
den Wolken und fängt ihn wieder auf.“

Die dritte schwieg. Da fragten die anderen: „Und dein Sohn?“
„Was soll ich erzählen“, sagte sie, „mein Sohn ist ein junger
Bursche wie andere auch.“ Nun machten sich die drei Frauen
auf den Heimweg. Die Sonne brennt, der Wassereimer wird
schwer. Da kommen den drei Frauen ihre drei Söhne entgegen.
Der Erste singt so schön wie eine Nachtigall, der Zweite
schleudert Steine in die Luft und fängt sie wieder. Der Dritte
aber läuft zu seiner Mutter und nimmt ihr den Eimer ab. Ein
alter Mann neben dem Brunnen hat alles mit angesehen. Eine
der drei Frauen fragt ihn: „Nun, was sagst du zu unseren drei
Söhnen?“ „Drei Söhne?“, fragte der Alte, „Ich sehe nur einen!“

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