Mythos Ãœbergewicht – Vorsicht Falle!

War man zu Großelternzeiten noch froh, etwas zum Zusetzen auf
den Rippen zu haben, wird heutzutage jede Speckfalte zum
Gesundheitsfeind Nr. 1 erklärt. In unserer Leistungsgesellschaft ist
Ãœbergewicht ein Makel, mit der Unterstellung, der Ãœbergewichtige
habe nicht genug Charakter, sich gegen den inneren Schweinehund
zu behaupten. Dies ignoriert völlig, was Hirnforscher herausgefunden
haben:

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Willkommen im Schlaraffenland

„Gebratenen Gänse und Hühner fliegen schnurstracks in den
Mund hinein und aus Brunnen sprudelt süßer Saft“, heißt es im
Märchen vom Schlaraffenland. Vor wenigen Jahrzehnten noch
Wunschtraum heute Wirklichkeit! Heutzutage gibt es Fettes
und Süßes für wenig Geld im Überfluss. Das Problem:

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Sie sind doch der mit der Hypnose

Es gibt Telefonate, die vergisst man so schnell nicht. Als eines Morgens das Telefon klingelte und ich mich ahnend brav meldete, tönte es mir grußlos entgegen: „Siiiieee sind doch der mit der Hypnose!!!“. „Ja“, gab ich zögernd zur Antwort, „ich arbeite auch mit Hypnose.“ „Dann müssen Sie sich bei mir mal was einfallen lassen!“ schmetterte es im schönsten Hessisch aus dem Hörer. „Ich hab’s satt. Die verdammte Fresserei! Jeden Abend! Wenn Sie mich gestern Abend gesehen hätten: eine ganze Tafel Schokolade und eine 300g-Tüte Plätzchen obendrauf!“, zog Sie über sich her. „Sie müssen mich hypnotisieren!“, lautete ihre Anweisung. „Und wie stellen Sie sich das vor?“, schoß ich erst mal den Ball zurück. „Ei, Sie hypnotisieren mich und dann bin ich erst mal weg!“. „Weg? Wo sind Sie dann?“, fragte ich. „Ei, weg – egal wo, die Hauptsache weg!“, tönte es zurück. „Also mein innerer Schweinehund… das geht schon seit Jahre so… und immer wieder hab‘ ich mir gesagt, Gerlinde, du musst…“. Ihre über sich selbst empörte Selbstanklage war nicht zu bremsen. Während ihres aufgeregten Monologes kam mir der Gedankenblitz, dass dies eine Aktion des Spaßtelefons sein müsse, mit denen manche Radiosender gerne jemanden auf die Schippe nehmen.

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Verhaltensmuster ändern ist leichter als viele glauben

Wer kennt das nicht? Es musste mal wieder die Lieblingsschokolade sein und hinterher ärgert man sich über sich selbst. Oder man kriegt einfach den Hintern nicht hoch, obwohl es gut wäre sich mehr zu bewegen. Eigentlich müsste man „Nein“ sagen, aber man lässt sich doch wieder etwas aufs Auge drücken. Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach – so steht es schon in der Bibel. Brauchen wir also mehr Willenskraft, mehr Charakter?

Die Hoffnung, solche Situationen mit mehr Willenskraft meistern zu können haben die meisten längst als Illusion erkannt. Vielmehr machen wir alle, wenn wir ehrlich sind, die Erfahrung, dass wir Sklave unserer eingefleischten Verhaltensmuster sind, die das Gehirn verschaltet hat.

Können wir solche Verschaltungen löschen oder mit neuen überschreiben. Nein, die Hirnforschung lehrt uns, dass dies ist so nicht möglich. Was nun? Ganz aufgeben? Nein, natürlich nicht! Denn es gibt die Möglichkeit, Verhaltensmuster zu deaktivieren und neue Verschaltungen zu knüpfen. Das ist leichter als viele glauben.

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Die Illusion von der Willenskraft – Teil 1

Neulich sprach mich ein guter Bekannter auf meine Arbeit an und sagte: „Sei mal ehrlich, egal welche Methode du als Hilfsmittel einsetzt, letztendlich ist es nur die Willenskraft und die Selbstdisziplin, die darüber entscheidet ob jemand langfristig sein Verhalten verändert oder nicht.“
In der Tat ist Willenskraft ein entscheidender Faktor und man kann sogar die Willenskraft trainieren wie ein Muskel. Allerdings hat sicher schon jeder erlebt, dass die Willenskraft ihre Grenzen hat. Zuerst ist man wild entschlossen und nach einigen Tagen, spätestens nach drei Wochen ist die Willenskraft und die Selbstdisziplin am Ende. Danach ist alles wieder beim Alten, denn die psychologische Forschung hat festgestellt, dass es mindestens sechs Wochen dauert, bis wir altes Verhalten abgelegt und neues eingeübt haben.

Fazit:
Willenskraft und Selbstdisziplin sind begrenzte
Ressourcen. Insbesondere dann, wenn sie noch
in anderen Bereichen benötigt werden, sind sie
schnell aufgebraucht.
Willenskraft ist aber auch trainierbar wie ein Muskel.
Jeder Leistungssportler trainiert sie dauernd.

Wissenschaftler wollten wissen, was passiert, wenn wir schon am Anfang des Tages Dinge tun, die uns viel Überwindung kosten. Das Ergebnis: scheinbar haben wir nur ein begrenztes Reservoir an Willenskraft, dass uns jeden Tag zur Verfügung steht. Denn je mehr Willenskraft wir tagsüber aufwenden, desto weniger Willenskraft bleibt uns am Ende des Tages erhalten. Sie gaben Leuten Aufgaben, die Willenskraft bedurfte. Dann wurde beobachtet, wie viel diese Leute am Abend Sport trieben. Einer Vergleichsgruppe wurden die Willenskraft-Aufgaben erspart.

Das Ergebnis: Die Leute, bei denen die Willenskraft schon im Verlaufe des Tages gezielt gefordert wurde, waren weniger zum Sport motiviert, trainierten lascher und seltener.

Fazit:
Willenskraft und Selbstdisziplin sind also für den
begrenzten Einsatz sehr hilfreich, für langfristige
Verhaltensänderungen taugen sie recht wenig.

Es kann sogar kontraproduktiv und schädlich sein wenn man häufig versucht langfristige Verhaltensveränderungen mit Disziplin erreichen zu wollen. Irgendwann fühlt man sich so ausgelaugt, dass man nicht einmal mehr genug Willenskraft für die alltäglichen Dinge des Lebens aufbringen kann. Und das Schlimmste ist: der Selbstwertgefühl erleidet schlimme Blessuren.
Stimmt also doch die These, dass sich der Mensch nur sehr schwer ändern kann? Ja – wenn Willenskraft oder Selbstdisziplin als einzige Methode zur Verfügung steht. Abraham Maslow, einer der Begründer der Humanistischen Psychologie hat einmal gesagt: „Wer als einziges Werkzeug nur einen Hammer hat, dem erscheint jedes Problem wie ein Nagel.“ In dem Bewusstsein vieler Menschen ist offenbar das „Sich-am-Riemen-reißen“ als einziges Werkzeug fest verankert.

Was kann uns aber dauerhaft zu neuem Verhalten bewegen?

Dazu ein Beispiel: Wenn jedes Stück Schokolade uns sofort eine heftige Gallenkolik beschweren würde, brauchten wir keine Willenskraft um dagegen anzukämpfen. Wenig wirksam ist allerdings das Wissen darum, dass uns durch unser Verhalten vielleicht später eine schlimme Krankheit droht.

Fazit:
Unsere Grundmotivation ist, Schmerzen zu vermeiden.
Dabei werden akute kleinere Schmerzen stärker
empfunden als weit entferntere große.

Wir brauchen also einen triftigen emotionalen Grund für Veränderungen. Es muss uns etwas drücken und zwicken.
Unsere Grundmotivation Schmerzen vermeiden zu wollen hat aber auch eine liebreizende Schwester: die Lust. Wir wollen Freude, wir wollen Lust empfinden. Oft steht sie im Hintergrund weil Schmerzvermeidung evolutionär wichtiger ist als Freude zu empfinden. Wird uns aber ein sofortiger Lustgewinn in Aussicht gestellt, benötigen wir keine Willenskraft das entsprechende dafür zu tun. Ist jemand frisch verliebt, braucht er keine Willenskraft im halbstündigen Rhythmus sms zu schreiben oder alle möglichen Strapazen auf sich zu nehmen.

Fazit:
Schmerzvermeidung und Lustgewinn sind gleichermaßen
förderlich für die Willenskraft. Um neue Gewohnheiten zu
etablieren ist es gut, beide Emotionen an Bord zu haben.
Um eine schlechte Gewohnheit aufzugeben funktioniert
Schmerz besser. Um eine neue Gewohnheit zu etablieren,
Freude.

Ist z.B. der Abgabetermin für eine Arbeit noch in weiter Ferne, bekommt der Tatendrang wenig Impulse – es sei denn, Du hast große Freude dabei.

Die richtige Taktik

Der Aufdruck „Rauchen gefährdet Ihre Gesundheit“ u.ä. auf der Zigarettenpackung ist nachgewiesenermaßen wirkungslos. Es kostet den Raucher ein müdes Lächeln. Es würde nur eine Wirkung zeigen, wenn sich der Raucher ernsthaft einen akuten Schmerz vor Augen führen würde. Er müsste sich also intensiv in das schmerzhafte Gefühl und die Not, die eine Beinamputation oder ein Lungenkrebs verursachen kann, hineinversetzen. Vielleicht würde er dann die Zigarette wegwerfen und nie mehr eine anpacken.

Viele Menschen haben von heute auf morgen das Rauchen aufgegeben. Wenn man sie heute fragt, haben sie nicht das Gefühl, große Willenskraft aufgebracht zu haben. Sie wollten einfach nicht mehr! Meist waren dies Raucher, die in jungen Jahren anfingen zu rauchen, weil es damals einfach zum Erwachsensein dazu gehörte. Später ist ihnen klar geworden was sie sich damit antun.

Wäre der Mensch eine seelenlose Maschine, würden alle auf die gleiche Weise funktionieren. Da wir aber beseelte Wesen sind, kann ein anderer auf die Vorstellung einer Amputation oder eines Lungenkrebses reagieren, indem er noch mehr raucht, weil ihm diese Vorstellung Angst und Druck macht. Insbesondere dann, wenn das Rauchen als Suchtmittel zum Kompensieren von Stress und negativen Gefühlen gebraucht wird. In diesem Falle wäre die Taktik auf Schmerzkonfrontation und Abschreckung zu setzen kontraproduktiv.

Hier muss die liebreizende Schwester, die Lustgewinnung die Führung übernehmen, z.B. die Lust aufs freie Atmen oder das Gefühl frei zu sein. Gleichzeitig müssen Schmerz, Stress und Druck reduziert und neue, bessere Kompensationsmöglichkeiten integriert werden. Zudem braucht es Verhaltensweisen, die akuten und dauerhaften Lustgewinn verursachen.

Fazit:
Der entscheidende Punkt für Veränderungen sind weniger
klare Ziele und schon gar keine detaillierten Pläne (z.B. Diät-
pläne), sondern tiefe emotionale Gründe.

Diese emotionalen Gründe können schmerzvermeidende oder lustgewinnende Gründe sein, die bei jedem Menschen individuell verschiedene Auswirkungen haben können. In der Zukunft liegende Emotionen müssen in die Gegenwart projiziert werden.

Was ich am Beispiel des Rauchens erläutert habe, gilt auch für alle anderen Bereiche des Lebens, in denen man Verhaltensveränderungen vornehmen möchte.