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In den Sommermonaten lautet das Thema in der Lebensschule „Hausputz für die Seele“. Im Juli haben wir ein wichtiges Thema behandelt: Schuldgefühle und Selbstvorwürfe.

Wohl kaum ein Mensch ist frei von Schuldgefühlen. „Ach hätte ich damals bloß nicht auf Andere gehört!“, „Wie konnte ich nur…“, „Das hätte mir nicht passieren dürfen!“. Begleiten dich auch solche inneren Vorwürfe? Fühlst du dich dadurch minderwertig, schuldig und kannst du nachts nicht mehr gut schlafen? Vielleicht denkst du: „Aber es war doch auch ein Fehler!“ oder gar „Das geschieht mir ganz Recht!“

Bedenke aber, was du dir damit selbst antust: Schuldgefühle erzeugen Spannung in unserem Körper. Auf Dauer bekommen wir davon Magenschmerzen, Muskelverspannungen, Herzstechen oder Atemnot. Vielleicht sind wir aber auch „nur“ missmutig oder schnell reizbar. Vielleicht lassen wir die eigene Not unbewusst an unseren Nächsten aus, die wir am meisten lieben, indem wir diese ruppig oder abweisend behandeln. So leiden wir selbst und andere darunter, wenn wir uns nicht selbst vergeben und mit dem Vergangenen keinen Frieden finden können.

Männer haben weniger Schuldgefühle als Frauen

Eine Studie an der Universität des Baskenlandes in San Sebastián mit 360 Männern und Frauen unterschiedlichen Alters hat ergeben, dass sich Frauen prinzipiell schneller schuldig fühlen als Männer. Während das starke Geschlecht offenbar weniger sensibel dafür ist, wenn sie jemanden Leid zufügen, zeichnen sich insbesondere junge Frauen dadurch aus, indem sie mit Personen mitleiden, denen sie Schaden zugefügt haben. Mit zunehmendem Alter tritt Anstelle des Mitgefühls das Schuldgefühl über den Schaden, den man angerichtet hat und der oft nicht wieder gutzumachen ist. Manches haben Frauen und Männer aber gemeinsam: Wenn eine Verfehlung rein moralischer Natur war, etwa „ich habe zu viel getrunken“, entwickelten beide Geschlechter seltener und weniger stark ausgeprägte Schuldgefühle als in Fällen, bei denen andere Personen zu Schaden kamen.

Der eigene Anspruch an sich selbst

Es gibt große und kleine Schuldgefühle. Ich kann mich schuldig fühlen, weil ich einer Freundin gegenüber gedankenlos war und sie gekränkt habe. Oder ich kann Schuldgefühle haben, weil ich meinen Vater ins Altenheim gegeben habe, da ich meine Arbeit nicht aufgeben wollte oder konnte. Die Größe und Heftigkeit der Gefühle ist in beiden Fällen wahrscheinlich sehr unterschiedlich. Aber die Ursache ist immer gleich: Ich habe etwas getan oder unterlassen und bin dabei meinen eigenen Werten und (moralischen) Ansprüchen an mich selbst nicht gerecht geworden.

Wenn mir Freundschaften wichtig sind, aber monatelang die Zeit nicht aufbringe, mich mit meinem Freund zu verabreden und etwas gemeinsam zu unternehmen, dann bekomme ich wahrscheinlich leichte Schuldgefühle. Wenn ich mich den Christlichen Werten verpflichtet fühle und mich trotzdem zu einer Abtreibung entscheide, sind Schuldgefühle kaum vermeidbar, auch wenn es noch so viele gute Gründe für die Entscheidung gibt. Immer dann, wenn wir uns selbst und unseren eigenen moralischen Ansprüchen nicht gerecht werden können, dann fühlen wir uns schuldig.

6 Schritte Schuldgefühle zu überwinden

1. Schritt: Darüber reden

Durch darüber reden holen wir die „Leichen“ aus dem Keller ans Licht. Das Beichten hat eine reinigende Wirkung. Wenn du dich erst einmal „geoutet“ hast, verliert das Geschehene seinen Schrecken und du musst es nicht mehr vor dir oder anderen verbergen.

2. Schritt: Verantwortung übernehmen

Nimm deine Vergehen und Fehler zur Kenntnis und übernehme dafür die volle Verantwortung. Suche keine Ausflüchte oder Rechtfertigungen, sondern stehe zu dir selbst ohne dich dabei nieder zu machen. Dies stärkt dich und gibt dir Kraft, besser damit umzugehen.

3. Schritt: Sich selbst fair beurteilen

Beschönige nichts, aber sei auch fair mit dir selbst. Behandele dich so, wie du auch andere in solchen Situationen behandeln würdest. Überprüfe aber auch deine Werte und Ansprüche an dich selbst und ob diese realistisch und zeitgemäß sind. Haben diese Ansprüche Allgemeingültigkeit oder sind es „Spezialansprüche“ an dich selbst?

4. Schritt: Gute Absicht erkennen

Wir tun nichts ohne Grund. Bewusst oder unbewusst. Auch für eine Tat, die du später bereust hast du Gründe gehabt. Wir geben alle immer nur unser im Augenblick Bestmögliches. Immer ist eine Absicht dahin, mit der wir das in dieser Situation vermeintlich Beste tun.

5. Schritt: Eigene Fehlbarkeit akzeptieren

Akzeptiere mit erhobenem Haupt deine Fehlbarkeit. Wir alle lernen ein Leben lang und werden trotzdem niemals perfekt sein. Aber wir können verhindern einen Fehler zweimal zu machen. Werte immer nur den Fehler negativ und nicht dich als Person.

6. Schritt: Wiedergutmachung / Ritual

Was geschehen ist, kann man nicht rückgängig machen. Wenn möglich leiste Wiedergutmachung oder lindere den angerichteten Schaden. Es kann auch ein Ritual sein (Kerze aufstellen, Entschuldigungsbrief schreiben, den man auch nicht wegzuschicken braucht uva.).

Im Namen des Volkes

In der Lebensschule ist es mir ein Anliegen nicht nur kluge Vorträge zu halten, sondern den Teilnehmer/innen auch ganz konkrete Übungen und Maßnahmen anhand zu geben, die spürbare Verbesserungen bewirken.

Die Juli Übung war, über ein bestimmtes Ereignis, das heute noch Schuldgefühle oder Selbstvorwürfe verursacht eine imaginäre Gerichtsverhandlung zu führen.

Hintergrund: Selbstvorwürfe sind der Text des „inneren Staatsanwaltes“ und der „innere Strafverteidiger“ kommt erst gar nicht zu Wort. Genauso wenig kommt es dazu, dass der „innere Richter“ ein Urteil sprechen kann. Dieses schwebende Verfahren nagt an unserer Seele.

Deshalb habe ich ein doppelseitiges Arbeitsblatt verteilt, auf dem jeder  seine Sache eine imaginäre Verhandlung führen konnte. In der Schlußrunde wurde dann nur das Urteil, nicht die Sache selbst abgefragt. Das Ergebnis war: Über 90% Freisprüche, meist mit Auflagen, einige Bewährungsstrafen und einige wenige Schuldsprüche, die aber durch die Länge der Untersuchungshaft bereits abgesessen waren.

Im nächsten Monat geht’s weiter mit dem „Hausputz für die Seele“: Die hohe Kunst des Vergebens.

Es ist und bleibt weiter spannend in der Lebensschule. Ich freue mich darauf.

PS. Wer Interesse an dem Formular „Imaginäre Gerichtsverhandlung“ hat, kann es hier kostenlos downloaden.

2 comments

  1. Pilar

    Diese Domäne scheint eine gute Menge an Besuchern zu bekommen. Wie bekommen Sie Traffic auf sie? Es bietet eine nette einzigartige Spin auf die Dinge. Ich denke, mit etwas Reales oder erheblicher zu reden ist das Wichtigste.

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